Archiv der Kategorie: Reisen & Messen

Whiskyreise Nordwest (Destillerie Habbel / Hillock)

Endlich war es soweit, unsere seit längerem geplante nordwestliche Whiskyreise startete pünktlich um 11:30 Uhr in Essig. Leider ohne Uwe, der Anfang der Woche feststellen musste, dass Urlaubstage besser schriftlich zu fixieren sind wenn man vermeiden möchte, als Stallwache, die Gebäude seines Dienstherren als Letzter verlassen zu können. Was an sich nicht gar so tragisch ist wenn man sich im Dienste des Staates befindet. Denn dann ist man um 14:00 Uhr der Letzte und hetzt der fröhlichen Reisegruppe hinterher und, jetzt kommt dann doch die Tragik, verpasst tatsächlich die erste Destillerie auf dem Reiseplan:

Whiskytour NRW 2015 (3)miniWir erreichten die Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel in Sprockhövel ohne Zwischenfälle und bei bestem Wetter. Wir hatten unseren Besuch nicht angemeldet, wohl aber Herrn Habbel auf der letzten Messe unser Kommen angedroht, den Zeitpunkt jedoch offen gelassen um jegliche Fluchtgedanken im Keim zu ersticken. Er hatte uns zugesagt, dass er, so er denn im Hause sei und auch etwas Zeit übrig habe, uns einen Rundgang durch seine Räumlichkeiten anbieten würde. Er war da, hatte Zeit und befand sich in allerbester Laune. Bereits von außen ist diese Destillerie wirklich sehenswert.

http://www.destillerie-brennerei-habbel.de/

In einem unter Denkmalschutz stehen Gebäude, welches der Großvater bereits 1920 als Kornbrennerei erworben hatte, befindet sich der wirklich sehenswerte Verkaufsraum des Hauses Habbel. Whiskytour NRW 2015 (36)mini Hier trat auch Michael Habbel zu uns und gab eine kurze Einführung in die Familiengeschichte sowie eine Übersicht über die große Produktpalette seiner Erzeugnisse. Hiernach starteten wir den Rundgang in den Räumlichkeiten der ursprünglichen Brennerei. Whiskytour NRW 2015 (45)mini

 

 

 

 

 

Es gab allerlei sehens- und hörenswertes Rund um das Thema Brände und Destillate. Da die Mitreisenden bereits alle den Prozess der Whiskyherstellung verinnerlicht hatten, ließen wir uns die Vorgänge und Zutaten der Obstbrennerei erläutern. Whiskytour NRW 2015 (55)miniDies führte uns unter anderem auch auf die angrenzenden Felder und Wiesen, auf denen die Familie Habbel die benötigten Zutaten selbst anbaut und kontrolliert. Vom eigenen Kräutergarten bis hin zu großen Streuobstwiesen ist hier alles in Reichweite. DSC04246miniUnter anderem auch der große Party- und Veranstaltungssaal sowie der umgebaute Stall, welcher nun die neuen Destillierapparate und das erforderliche Beiwerk beherbergt. Hier erhielten wir einen wirklich interessanten Einblick in die Verschlussbrennerei und die damit verbundenen Hürden, bzw. Auflagen, die alle Destillateure überwinden müssen. Derzeit beträgt die Steuer auf die Rohdestillate 13,03 € je erzeugtem Liter. Diese muss, vor Abfüllung in die Fässer, an den Staat entrichtet werden. Das macht bei einem 250 Liter Fass 3257,50 € für den Fiskus. 3257,50 € die nun erstmal drei Jahre ruhen müssen ehe man an den Verkauf von Whisky denken kann. Ein ordentliches Stück Vorleistung welches die Brenner da erbringen, hinzu kommen ja noch die Rohstoffe, das Fass sowie die Energie, die im Herstellungsprozess aufgewendet wird. Kleinigkeiten wie Brennkessel, Lagerfläche, Abfüllanlagen, Flaschen und Etiketten darf man natürlich auch nicht vergessen. Wer also den Traum einer eigenen Destillerie realisieren möchte, muss entweder Kleinmengen unter 400 Litern ( 7,33 € je Liter Alkohol ) jährlich brennen oder ein fürchterlich gut gefülltes Konto haben.

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Im Anschluss an die tolle Führung verschwanden wir wieder im Keller des Hauses Habbel und bekamen die Möglichkeit die einzelnen Erzeugnisse der Destillerie zu verkosten, naja nicht alle kamen in den Genuss, meine Wenigkeit musste ja fahren und so stand ich mit tropfendem Zahn daneben und nutzte meine Nase um den mir fehlenden Geschmack zu kompensieren.

DSC04244miniDa wir nach der Führung und Verkostung vom Produkt, der charismatischen Art des Herrn Habbel, sowie den örtlichen Gegebenheiten doch amtlich beeindruckt waren, haben wir vor Ort zwei 30 Liter Fässer in Auftag gegeben. Ein Single Malt und ein Single Grain soll es denn werden. Wir hoffen das „unser“ Whisky noch dieses Jahr destilliert und abgefüllt werden kann und dann heißt es warten, mindestens drei Jahre dauert es ja ehe ein Destillalt den Namen Whisky verwenden kann.

Hochzufrieden und nachhaltig begeistert setzten wir unsere Reise fort, nicht jedoch ohne uns noch ausgiebig zu stärken. Carola hatte uns einen extrem leckeren Dundee Cake (Schottischer Früchtekuchen) gebacken, den wir uns im Schatten der Bäume schmecken ließen.Whiskytour NRW 2015 (159)mini Die Flasche rechts hat sich, mir völlig unerklärlich, irgendwie in´s Bild geschlichen. 😉

Nach der wirlich leckeren schottischen Kuchenerfahrung setzten wir unsere Reise in Richtung Bocholt fort, um dort die Gutsbrennerei Geuting aufzusuchen. Ein völlig anderer Ansatz der Destillationskunst, da deren Standbein seit 1837 die Kunst des Kornbrennens ist.

 

Whisky Fair in Düsseldorf

In kleiner Besetzung traten Uwe und ich ganz spontan am Samstagmorgen unsere Reise gen Düsseldorf an. IMG_4447MiniBereits im RE5 von Bonn in Richtung Emmerich wurde der Tag unterhaltsam. Wir trafen auf eine Gruppe von acht jungen Herren aus der Nähe von Karlsruhe, die sich auf einer Junggesellenabschiedstour nach Düsseldorf befanden.

Das angebotene Frühstück in Form eines sicher sehr leckeren Rieslings im Plastikbecher mussten wir aufgrund moralischer Bedenken leider ablehnen. 😉 Nichtsdestotrotz entwickelte sich eine angenehme Gesprächsrunde in deren Verlauf wir den nichtsahnenden Bräutigam auf die lokalen Höhepunkte seines Zielortes Emmerich hinwiesen. Zum einen sei der dortige Bauernmarkt überregional für sein breites Angebot bekannt, zum anderen finde dort ja schließlich auch dieses Wochenende die Weltmeisterschaft im Synchronschwimmen statt. Einen Dämpfer bekam seine sicherlich vorhandene Vorfreude bei unserem Hinweis, dass es sich um die WM der Herren handele.

Der Bräutigam in Spe ließ sich seine Vorfreude wirklich nicht anmerken, die mitreisenden Freunde jedoch waren Feuer und Flamme vom bevorstehenden Wochenende. Die Truppe sah nach viel Entertainment aus und der Bräutigam wird das Wochenende sicherlich genossen haben.

Nach dieser unterhaltsamen Zugfahrt und einem kurzen Stück U-Bahnfahrt kamen wir an der Classic Remise an. Nach kurzer Orientierung fiel uns der Stand von Mareike Spitzer ins Auge. Unter dem Namen „Irish Whiskeys“ vertreibt Sie ausschließlich irische Whiskeys, was ihrer Leidenschaft für diese milden Vertreter mit eigener Schreibweise ( Whiskey ) geschuldet ist. IMG_4457MiniSeit 2012 betreibt sie ihren Online-Shop, den sie stetig weiter ausbaut. Nach einer sehr informativen Einführung in ihr Sortiment und der Beschreibung von diversen Teeling Abfüllungen, sowie der Verkostung zweier Glendalough Abfüllungen ( 7 und 13 Jahre alt ), kamen wir zu einer absoluten Neuheit: Der Muldoon Irish Whiskey Liqueur hat uns an diesem Tage voll und ganz in seinen Bann gezogen. Hier ist etwas entstanden, was man ohne Übertreibung als ein auf Flaschen gezogenes Toffifee beschreiben kann. Karamell, Vanille, Toffee und ganz viel Haselnuss begeisterten nicht nur uns beide in Düsseldorf. Auch alle die ihn später bei uns verkostet haben, waren so begeistert, das unsere Vorräte schnell zuneige gingen und wir mittlerweile mehrfach nachbestellen mussten. Fazit: eine tolle junge Frau mit einem sehr guten Geschmack und viel Herzblut, die den irischen Whiskey in Deutschland sicherlich noch ein gutes Stück voranbringen wird. Wir wünschen ihr auf jeden Fall viel Erfolg!

Der restliche Messetag hatte es nach dieser Geschmacksbombe mit langem Nachhall wahrlich schwer. Erst der gute Herr Wurm von der „Märkischen Spezialitäten Brennerei“IMG_4477Mini aus Hagen konnte erneute Akzente setzen. Zum einen ist da natürlich seine völlig unkomplizierte und eventuell leicht extrovertierte Art hervorzuheben. Seinen Ausführungen kann ich wirklich stundenlang lauschen und werde völlig von seinem Fachwissen und der vielleicht manchmal nicht ganz alltäglichen Herangehensweise gefesselt. Man kommt aus dem Staunen und Lachen nicht mehr heraus. So ganz nebenbei destilliert der Gute auch noch wirklich Herausragendes. Hier die Empfehlung ihn einmal persönlich aufzusuchen, eine Verkostung mitzumachen und sich von der Qualität all seiner Brände selbst zu überzeugen. Er bietet zusammen mit seiner Gastronomieaffinen Ehefrau auch unterschiedlichste Events in seinen Räumlichkeiten an. Hier dient zum Beispiel eine umgebaute Esse in der alten Schmiede als ausreichend dimensionierter Grill. Passend hierzu seine Aussage „Steaks unter 5cm Dicke sind sowieso nur Carpaccio“. Mehr zu ihm und seinen Erzeugnissen in einem späteren Blog.

Und hier noch ein paar Impressionen: IMG_4467MiniIMG_4464.MiniJPG

 

 

 

Leider war auch dieser Tag schneller zuende als uns lieb war. Die Whisky Fair in Düsseldorf ist eine kleine aber feine Messe, die neben den Geschmacksknospen, dank der vielen außergewöhnlichen Fahrzeugen, auch die ästhetischen Bedürfnisse von Whisky- und Autoliebhabern bedient. Gerne kommen wir nächstes Jahr wieder.

Aquavitae 2013 in Mühlheim an der Ruhr

Samstag, 12.10.2013, 09:48 Uhr:

Es ist kalt, feucht und meine Nase läuft. Das Wetter ist perfekt für Whisky, das Nasenhandicap stört nun schon die zweite Woche. Anscheinend habe ich über den langen Sommer viel zu wenig Islay-Medizin zu mir genommen und nun tanzen die Viren Samba mit meinem Immunsystem. 🙁

Unsere Whiskyzirkel – Reisegruppe ist heute sehr überschaubar, ganze zwei Personen. Der Rest fehlt entschuldigt, man tummelt sich in der Bundeshauptstadt, vermutlich um die Koalitionsverhandlungen auf den richtigen Weg zu bringen; fährt mit dem Motorrad um der alten Zeiten willen zelten (Hut ab bei den Nachttemperaturen und dem Niederschlagsrisiko) oder trifft sich mit früheren Kollegen aus dem Petroldunstkreis. 😉

Die im Zug anstehende Sitzplatzwahl wird hierdurch jedoch erheblich erleichtert und beschert eine stressfreie Anfahrt. Knappe zweieinhalb Stunden später erreichen wir Mühlheim und sind nach kurzem Fußweg, mittlerweile sogar bei Sonnenschein, an der Stadthalle.

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10,- € Eintritt inklusive eines Spiegelau – Sniffters (mit dem gefühlten Volumen eines bayerischen Henkeltrinkgefäßes) sind in Ordnung. Es befinden sich jedoch die 2cl und 4cl Markierungen auf dem Glas und geben etwas Sicherheit. Wir werden die Halle doch aufrechten Ganges wieder verlassen können.

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Nach einem kurzen Orientierungsrundgang, die Aussteller liegen hier leider recht unübersichtlich und auch weitläufig auf zwei Ebenen und mehreren Räumlichkeiten verteilt, versuchen wir uns an einem Rum. Dies geschieht natürlich mit dem Ziel auch unsere Sinnes- und Stoffwechselorgane langsam an den Tagesablauf zu gewöhnen. ;-D

Die Wahl ist nicht verkehrt, der Botucal „Riserva“ belohnt mit seiner rumtypischen Süße in Nase und Gaumen. Man findet viele süße Aromen neben dem reichlich vorhandenen Zucker: Zimt, dunkle Schokolade, ein paar Gewürze, Citrusaromen und mit etwas Fantasie sogar noch Eiche. Dieser Rum wird aus unterschiedlichsten Destillaten im Alter zwischen zwei und acht Jahren, die aus Pot- als auch Column-Stills stammen, hergestellt.

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Neben einigen bekannten und großen Marken, gibt es auf der Aquavitae auch viele kleine unabhängige Brennereien. Dies macht den besonderen Charme dieser Messe aus, der Whisky tritt hier, zumindest bei mir, ein wenig in den Hintergrund und macht Platz für andere spannende Geschmackserlebnisse. Neben vielen informativen Gesprächen, gibt es hier viel Neuland zu entdecken. Das mit Jürgen Marré, Brennmeister des Hauses Ziegler, geführte Gespräch über Obstbrände und Ziele der Brennerei gibt großen Anlass zur Vorfreude. Im kommenden Frühjahr werde ich ihn in der Brennerei besuchen und darf dort hoffentlich auch (m)eine Nase in die derzeit laufenden Experimente mit Finishings des Aureums stecken. Allein bei seinen Erzählungen und Beschreibungen der verwendeten Fässer tropft mir dermaßen der Zahn, dass ich keine Idee habe, wie ich es bis zum Frühjahr noch aushalten soll? Ich freu´ mir jetzt schon ein Bein ab!

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Negativ aufgefallen ist mir leider eine noch recht unbekannte deutsche Destillerie, die einen dreijährigen Single Grain Whisky vorgestellt hat, der mit dem Prädikat „äußerst strubbelig“ noch gut wegkommen würde. Daneben wartet sie auch noch mit einen mehr als penetranten „Markenbotschafter“? auf, der die nach oben offene Unsympathischkeitsskala spielend anführt. Hoffentlich helfen hier die Zeit und die Ruhe einer längeren Fassreifung diesem ADHS-Getränk zu sicherlich verdienten Ehren. Denn wenn man weiß, was Single Grain Whisky irischer Abstammung kann, wird dies auch diesem deutschen Erstlingswerk wünschen.

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Mehr als positiv fallen mir die beiden Damen von Kavalan auf. In einem recht ausführlichen Gespräch mit uns (Danke für die genommene Zeit), haben wir bereits einiges über die taiwanische Destillerie und ihren Whisky erfahren. Die inbegriffene Verkostung löst umgehend den ersten Spontankauf dieser Messe aus: Der KAVALAN Solist aus dem Ex-Bourbon-Fass belohnt mit einer Geschmackexplosion, die sogar meine lädierten Geschmacksrezeptoren aufhorchen lässt. Eine wunderbare tropische Frucht mit viel Vanille und Eiche. Preislich sicherlich kein Alltagstropfen, geschmacklich jedoch wirklich herausragend und einzigartig. Ich habe schon einige Single Malts probieren dürfen, dieser wird jedoch trotz seines Preises ein Must-Have.

Um uns den Abschied von der diesjährigen Aquavitae etwas zu erleichtern, machen wir noch einen kurzen Stopp bei einem Anbieter für „Sparkling Premium Vodka“. Mit Todesverachtung lassen wir uns ein Probiergläschen einschenken und wagen es. Ich lasse den Vortritt und kann hierdurch eine Totalentgleisung menschlicher Gesichtszüge beobachten, unsere Befürchtung trifft wohl voll und ganz zu. Auch ich probiere diese neue, tolle Marketingidee und kann umgehend den britischen Schriftsteller Derek Cooper zitieren:

„…Dann wumm! Die Schläfen dampfen, ein Erdbeben erschüttert das Haus, die Augen tränen, meine Wangen brennen, ich stütze mich auf einen Stuhl…“

Fantastisch! Leichter habe ich mir den Abschied von einer Messe noch nie gemacht. Nach unseren besten Wünschen für den Importeur und Händler verlassen wir die Stadthalle und treten, neben gefühlten 20.000 Tote Hosen Fans, unsere Zugfahrt in Richtung Heimat an.

Markus